Liebe Freunde in der Schwazer Kolpingsfamilie!
Es gibt eine Zeit des Winters mit langen Nächten und kurzen Tagen und eine Zeit des Sommers, in dem die Tage lang und die Nächte kurz sind. Es gibt Festtage und Zeiten des Alltags, Zeiten zum Arbeiten und Zeiten zum Feiern, zur Erholung, eine Zeit zum Traurig-Sein und eine Zeit zum Lustig-Sein.
Der Fasching war heuer relativ kurz. Dafür ist Ostern sehr früh. Auch der Fasching hat seine Bedeutung, und es braucht auch Zeiten zum Ausgelassen-Sein. Vom großen heiligen Augustinus ist das Wort überliefert: Lernt tanzen, sonst können die Engel einmal nichts mit euch anfangen! Große Heilige sehen den Sinn ihres Lebens in einer sympathischen Gelassenheit: Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen (Don Bosco)!
Es gibt die Zeit von Weihnachten, in der wir die Menschwerdung Jesu Christi zu Betlehem feiern, und die Zeit von Ostern mit den Festfeiern von Tod und Auferstehung Jesu.
Die österliche Zeit: Denk daran, dass du Staub bist …
Die österliche Zeit gilt im Kirchenjahr als „geprägte Zeit”. Der erste Tag ist geprägt vom Zeichen der Asche. Asche gilt als Zeichen des Zerfalls. Der Aschermittwoch konfrontiert uns nach fröhlichen, ausgelassenen Tagen mit dem Tod: „Mensch, gedenke, dass du Staub bist und zum Staube zurückkehren wirst”. Eine „Vollbremsung”, die uns auf die Realitäten des Lebens zurückwirft. Sie macht uns ernüchternd klar: Wir sind eingebunden in die Zeitspanne zwischen Geburt und Tod.
Im Orden der Trappistenmönche, die ihr ganzes Leben als Buße und Umkehr zu Gott verstehen, wird die Aschenauflegung durch einen weiteren Brauch unterstrichen. Dieser erinnert den Menschen auf drastische Weise an seine ständige Bedrohung durch den Tod und zugleich auch an die Zukunft des neuen Lebens bei Gott, auf das er sich schon jetzt ausrichtet. Während der Fastenzeit begrüßen die Mönche einander mit dem Wort „Memento mori!” – „Denk daran, dass du sterben musst!”
Ähnliche Worte rief im antiken Rom ein Sklave dem siegreichen Feldherrn zu, um ihm im Moment des höchsten Triumphes die Vergänglichkeit allen irdischen Ruhmes ins Gedächtnis zu rufen: „Memento te hominem esse!” – „Denk daran, dass du ein Mensch bist!”
Vierzig Tage der Umkehr und Buße …
Es fehlt in der Fastenzeit oder – wie wir auch sagen – „Österlichen Bußzeit” nicht an bemerkenswerten Zurufen. „So spricht Gott, der Herr: Kehrt um zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, Weinen und Klagen. Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum Herrn, eurem Gott!” (Joel 2, 12 f). Und der Apostel Paulus mahnt: „Lasst euch mit Gott versöhnen! Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade” (vgl. 2 Kor 5, 20 – 6, 2). Und Jesus fordert uns auf: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten” (Mt 6, 16).
Macht kein finsteres Gesicht …
Eine penetrant zur Schau gestellte Frömmigkeit kann einem ganz ordentlich auf die Nerven gehen. Noch dazu, wenn sie – diese Frommen – immer etwas auszusetzen haben, ständig kritisieren. Man kann ihnen nichts recht machen. Da fällt mir ein, was Friedrich Nietzsche reklamiert hat: „Erlöster müssten sie aussehen, die Christen!” „Macht kein finsteres Gesicht!” sagt Jesus, sondern tretet auf als Menschen mitten im Leben, gepflegt, charmant, vertrauenswürdig. Wenn wir das Christsein ernst nehmen, wird man uns immer ein wenig argwöhnisch beäugen, so als fühlten wir uns als etwas Besonders: Unser „Besonderes” besteht aber gerade darin, dass wir bewusst „normal” sind: Wir sehen Fehler, Grenzen, Schuld und Versagen bei uns selber. Und wir können dazu stehen. Wir können das zugeben und brauchen nichts unter den Teppich zu kehren. Jesus Christus hat uns zu einem realistischen Lebensstil befreit und hält uns dazu mit seiner eigenen Lebenshingabe den Rücken frei.
„Macht kein finsteres Gesicht!” sagt Jesus. Unser Gesicht hat die vielen Ungerechtigkeiten und die vielen unschuldig leidenden Menschen im Blick. Da ist so vieles, was wir nicht ändern können, auch wenn wir uns nicht damit abfinden wollen. Wir tragen auch dafür Verantwortung, vielleicht nicht als Verursacher, sondern als Fürsprecher bei Gott.
In der Fastenzeit geht es natürlich ums Fasten …
Es gibt für das Fasten im Frühjahr eine Menge Gründe: der Gesundheit wegen, um zu entschlacken, für die Bikini-Figur oder zur Cholesterinreduzierung. In den einschlägigen Illustrierten oder auch im Fernsehen werden eine ganze Menge an „Fastenkuren” präsentiert, Tipps zum Abnehmen, zum fit, schlank und schön werden. Als ob die Fastenzeit vor allem eine Abspeckzeit wäre! Es geht nicht darum, ein paar überflüssige Kilos loszuwerden. Es geht vielmehr darum, ein neuer Mensch zu werden. Wenn man ein neuer Mensch werden will, muss man die Sache von einer ganz neuen, aber doch auch recht praktischen Seite her angehen.
Almosen geben, Beten, Fasten …
Jesus nennt im Evangelium drei Dimensionen des Fastens: Almosen geben, Beten und Fasten. Drei Vorsätze, die gut tun und auch etwas bringen: einer, der den Mitmenschen neu in den Blick nimmt, einer, der die eigene Beziehung zu Gott neu überdenkt, und einer, der hilft, durch freiwilligen Verzicht den Blick für das Wesentliche wieder frei zu bekommen.
Das sind Vorsätze, die zu schaffen sind. Man tut gut daran, sich dabei selbst zu beobachten. Sich nicht entmutigen lassen, wenn es vielleicht nicht immer ganz klappt! Nicht gleich aufgeben, sondern es weiter versuchen! Ich bin mir sicher, dass wir dabei die Erfahrung machen, dass diese Art von „Fasten” nicht weh tut, sondern letztlich gut tut. Dass es hilft, zufriedener, innerlich ruhiger und gelassener zu werden. Wir werden lernen, im Einklang mit uns selber zu leben.
Adolph Kolping, dessen Jubiläumsjahr wir heuer feiern, geht es ganz praktisch an und sagt: „Tut jeder in seinem Kreis das Beste, wird‘s bald in der Welt auch besser aussehen!”
Die österliche Zeit: Denk daran, dass du leben sollst …
Da die österliche Bußzeit ihr primäres Ziel nicht in der Loslösung von den irdischen Dingen hat, sondern in der Wiedergewinnung der ursprünglichen Freude am Leben, Freude am Guten, begrüßen die oben genannten Trappistenmönche in der Osterzeit einander mit dem Gruß: „Memento vivere!” – „Denk daran, dass du leben sollst!”
Herzlichst euer Präses P. Wolfhard
Treu Kolping!