Liebe Freunde in der Schwazer Kolpingsfamilie!
Wir stehen auch schon wieder am Beginn eines neuen Advents. ADVENT heißt auf Deutsch: „Gott ist im Kommen”. Eine Prediger-Floskel? Bestimmte Trends sind im Kommen, neue Informationstechnologien sind im Kommen, eine bestimmte Mode für Bekleidung, Dessous, Schuhe ist im Kommen etc. Von Gott haben wir eher den Eindruck: ER ist im Schwinden. Auch in unserer Kolpinggemeinschaft? Ist unsere Gesellschaft auf dem Wege zur „Gottlosigkeit”?

Gott im Kommen …
Die Liturgie denkt über das Kommen Gottes, das „Kommen des Menschensohnes”, in zeitlichen und überzeitlichen Räumen. Da ist die Rede vom Kommen Jesu Christi in der Heiligen Weihnacht und zugleich denkt man an die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten und auch an die ganz konkreten Möglichkeiten, Gott im Alltag zu begegnen.
Wir begegnen Gott – Jesus – in der Feier des Gottesdienstes und in der heiligen Kommunion. Da wird Er ein Teil unseres Lebens, unsere Speise. Wir dürfen Gott essen, um immer mehr Raum zu werden für Gott und sein Reich.
Wir begegnen Jesus in den Armen und Notleidenden. Da nimmt Gott menschliche Gestalt an. Gott trägt ein menschliches Gesicht. Gott schaut uns an aus dem Gesicht der Kranken und Notleidenden, aber auch aus dem Gesicht der alten Menschen und der Kinder.

Die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit …
Jesus hat den Jüngern eine bedrohliche, düstere Zukunft in Aussicht gestellt. Er spricht von der Zerstörung des prachtvollen Tempels in Jerusalem. Das konnte sich niemand vorstellen und daran wollte niemand so recht glauben, bis dann die Römer in der Tat den Tempel zerstört haben. Geblieben ist nur noch ein jämmerlicher Rest als „Klagemauer”. So wird es auch einmal am Ende der Zeit sein, sagt Jesus.
Jesus spricht von falschen Propheten, die die Menschen in die Irre führen werden, von Unruhen und Kriegen. Es wird Erdbeben geben und Hungersnöte. Und gewaltige Zeichen am Himmel werden die Menschen zutiefst beunruhigen.
Seither haben ungezählte Kriege die Menschen heimgesucht und unendlich viel Leid über diese Welt gebracht.
Wann wird es im Vorderen Orient zu einem Frieden kommen, der den Menschen wieder begründete Hoffnung schenkt? Die vielen Kriegsschauplätze im afrikanischen Kontinent werden von unseren Medien kaum mehr wahrgenommen. In vielen Ländern der Erde sind Menschen auf der Flucht, in Angst, in politischer und religiöser Verfolgung. Oder weil sie in ihrer Heimat alles verloren haben. Und die Naturkatastrophen werden von Jahr zu Jahr gigantischer und bedrohlicher.
Und in vielen Ländern werden Christen auch heute noch um ihres Glaubens willen verfolgt, eingesperrt, gefoltert und getötet.
Jesus fordert auf zur Wachsamkeit. Es ist wichtig, die „Zeichen der Zeit” zu erkennen und zu deuten.
Und Jesus mahnt und verheißt: „Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen!” (Lk 21, 19).
„Standhaft bleiben” verlangt Beständigkeit im Guten: Stehen zu dem, was man als gut und recht und wahr erkennt, auch wenn man damit Nachteile in Kauf nimmt.
„Standhaft bleiben” verlangt den gelebten Glauben an Jesus Christus. ER ist der Herr unseres Lebens.
„Standhaft bleiben” verlangt Treue zu dem, was man versprochen hat – in der Taufe, bei der Firmung, im Sakrament der Ehe.

Gott ist im Kommen – und das nicht nur „alle Jahre wieder”…
Der ADVENT ist aber auch die Zeit der großen Verheißungen: Eine neue Gerechtigkeit wird uns verheißen, von einem neuen Licht ist die Rede, Frieden ist uns vor Augen gestellt. Wir träumen von einer besseren Welt, in der wir glücklich, froh und frei leben können, von einer Zeit, in der die ganze Welt voll Lachen ist und voll Licht.
Die großen alten Propheten sprechen vom Kommen des Herrn und damit vom großen „Frieden unter den Völkern”. Da wird es dann keinen Platz mehr geben für Streit und Krieg. Schwerter werden zu Pflugscharen und Lanzen zu Winzermessern umgeschmiedet werden. Geschehen soll dies am „Ende der Tage”.

Gott ist im Kommen – an Weihnachten …
Die kritischen Stimmen zum Weihnachtsfest wiederholen sich alle Jahre wieder. Das Fest sei doch nichts anderes als eine einzige besinnungslose Geschenkorgie. Die Gefühlsduselei bei Christbaum und Kerzenschein und das ganze Drumherum um das Christkind sei doch aufgesetzt und habe mit dem Alltag nichts zu tun.
Fröhliches Brauchtum mit Christkindlmärkten und Weihnachtsfeiern, mit Christbäumen und Lichtergirlanden, mit Weihnachtsliedern! Das alles beginnt schon lange vor Weihnachten. Das „Weihnachtsgeschäft” soll eine müde gewordene Wirtschaft beleben. Ist also Weihnachten ohne Konsum doch nicht recht vorstellbar?
Solche kritischen und nahezu lächerlich machenden Wortmeldungen machen neugierig auf das Wesentliche. Was bedeutet  Weihnachten wirklich?
Die Predigt der Weihnachtsengel lautet: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade” (Lk 2, 14).

Trendumkehr zu mehr Frieden …
Der christliche Glaube sieht im Kommen Jesu Christi die große Trendumkehr, die große Wende der Geschichte hin zu diesem verheißenen Frieden.
Aber entspricht diese Hoffnung der Realität? Ist mit dem Kommen Jesu vom Frieden Gottes etwas spürbar geworden in unserer Welt?
Oder sind unsere „Friedensbotschaften” nur billige Vertröstungen auf eine spätere Zeit? Wirklichkeitsfremd? Fern von jedweder Realität? Eine friedlichere Welt ohne die vielen schrecklichen Kriege ist und bleibt – so scheint es – eine Utopie.
Aber auch im Kleinen: Wo auch immer ich hinsehe, erlebe ich Feindseligkeiten und Unstimmigkeiten und oft auch Gewalt.
Weil Menschen dem Leben nicht trauen können, in ständiger Angst leben vor dem Zu-kurz-Kommen oder dem Zu-wenig-Haben,  oft auch in Angst vor dem Versagen oder Zu-wenig-Gelten, halten sie es nicht im Frieden miteinander aus. Man versucht, einander zu überholen oder auch zu überfahren, einander etwas vorzumachen, zu täuschen und zu blenden.

Der Friede Gottes …
Die Bibel sieht den Frieden Gottes als ein Gut, das nicht restlos in der Suche nach dem irdischen Frieden zu „verbrauchen” ist. Der Friede Gottes ist uns versprochen als ein Geschenk, als Gnade, als Angebot. Daher kann er nicht einfach verrechnet werden mit unseren Anstrengungen gegen Krieg und Gewalt, so unerlässlich diese auch sind. Gottes Friede ist verheißen „den Menschen guten Willens”, den Menschen, die dem Frieden Zugang schaffen zu ihren eigenen Herzen.
Der Friede Gottes muss in unsere menschlichen Erfahrungen und in die irdische Geschichte eingreifen. Das beginnt beim Einzelnen und dessen entschlossener Haltung von Friedfertigkeit. Es setzt sich fort im ständigen Bemühen um ein friedfertiges Leben in der Familie, auf dem Arbeitsplatz, in der Gesellschaft. Hier ist die Bewährungsprobe zu bestehen im täglichen Ringen um Respekt, Ehrfurcht und Toleranz, um Solidarität und Verzicht auf egoistisches Streben.

Jesus selbst ist der große Friedensbringer …
In Ihm erfüllt sich die Weihnachtsverheißung vom „Frieden auf Erden” – in der Art und Weise, wie Er gelebt hat: Sein ganzes Leben war Hingabe an den Vater im Himmel und im Dienste an den Menschen.
Es hat sie immer wieder gegeben – die großen Friedenskünder und Lebenszeugen des Friedens: einen Franz von Assisi, einen Mahatma Gandhi, einen Martin Luther King, eine Mutter Teresa, einen Franz Jägerstätter und viele andere auch.

Und einen Adolph Kolping …
Wir feiern am 8. Dezember seinen 200. Geburtstag. Er wird zum großen Friedensboten, indem er das gesellschaftliche Konfliktpotenzial sieht und beginnt, eine Menge zu tun für die Menschen in Not. Das Konfliktpotenzial entsteht und wächst dort, wo Menschen keine Perspektiven haben und keinen Lebenssinn mehr erkennen. Adolph Kolping setzt Fakten des Friedens, indem er für andere lebt. Er suchte und fand die jungen Menschen auf der Straße, wo sie ihren Frust abluden. Er half jungen Menschen wieder auf die Beine und ermöglichte ihnen ein sinnvolles Leben. Dabei sind Gemeinschaft und Familie ganz wichtige Faktoren. Und der Glaube an Gott zeigt, dass das Leben mehr ist Leistung und Erfolg, mehr als das gefüllte Lohnsackerl. Für Lebensqualität braucht es wesentlich mehr und anderes.
In Adolph Kolping bekommt die Weihnachtsbotschaft vom Frieden ein Gesicht und eine konkrete Einbindung ins Leben. Aber auch im Leben und Wirken des Adolph Kolping hat alles ganz klein begonnen.
Der Friede Gottes kommt als kleines Kind auf die Welt, unscheinbar und wehrlos.
Doch ein Kind ist auch ein Zeichen für einen neuen Anfang, dem die Zukunft gehören kann.
Eine gesegnete Weihnachtszeit und ein frohes KOLPING TREU!
Euer Präses P. Wolfhard